Die AFP Budget Umfrage 2017 und eine Künstler-Anekdote

Früh ist ein Kölsch und früh wird es in der Hochsaison vieler Konzerne dunkel. Unter dem Weihnachtsbaum liegt das fertige Budget, veraltet bevor mit guten Vorsätzen eine Woche später das neue Jahr beginnt. Während die Effekte der rheinischen Braukultur hinlänglich bekannt sind, ist die Relevanz des Budgets umstritten. Eine Studie der Association for Financial Professionals (AFP) bringt mit 606 Meinungen und den Ergebnissen seiner jährlichen Konferenz – dieses Jahr mit über 6.000 Teilnehmern in San Diego – Licht ins Dunkel. Die Ergebnisse haben einen gewissen US Fokus. Da 40% davon für ein Unternehmen mit mehr als einer Milliarde USD Umsatz arbeiten und 20% der Unternehmen Produktionsunternehmen sind, kann trotzdem eine gewisse globale Gültigkeit abgeleitet werden. Die Ergebnisse scheinen weiter vertraut:

  1. Das Budget besteht im Wesentlichen aus Finanzzielen für die Organisation für ein Geschäftsjahr.
  2. 75% finden Budgets nützlich oder sehr nützlich.
  3. Die Dauer – in der Studie gleichgesetzt mit der Intensität – des Budgetprozesses hat keinen Einfluss auf die Zufriedenheit.
  4. Budgets scheinen einen gewissen Grad an Flexibilität und Ermessensspielraum entwickelt zu haben.
  5. Lediglich 15% nutzen das Budget für die Bonuszwecke, 75% führen quartalsweise Aktualisierungen zur Analyse der Geschäftsentwicklung durch.
  6. 7 von 10 Meetingstunden werden für die Ergebnisanalyse verwendet, die Hälfte davon sind Plan-Ist, wir bevorzugen die AvB Übersetzung „Ist-Plan“, und Ist-Ist Vergleiche.
  7. Zwei von Drei sehen Verbesserungspotential im Prozess und ein Unternehmen von fünf verbringt mehr als drei Monate mit dem originären Budget für das Folgejahr.

Eine 1:1 Übersetzung sei zu Gunsten interessanter Aussagen vermieden, das Original ist steht hier zum Download bereit.

Die Top 3 Gründe für das Budget sind der Forecast von Umsatz und Profitabilität, Analyse der Geschäftsentwicklung und die Entscheidungsunterstützung. Kontrolle und Disziplin folgt auf Rang 4. Auffällig ist die Willkür, mit der ein Vertriebs-/ Umsatz-Forecast mit der ungleich komplexeren Steuerung der Profitabilität, besonders der Einzelprodukt-Profitabilität, in einem Atemzug genannt wird. Dem Markt und der internen Wertschöpfung als Herausforderung ist unterschiedlich zu begegnen.

Hauptadressat des Budgets ist das Mittlere Management aufwärts. Je „senioriger“ die Position, desto höher ist der wahrgenommene Nutzen. Das Gute ist, offensichtlich kommen die Ergebnisse der Top Down und Bottom Up Prozesse an. Als Anekdote der Studie ist das Ergebnis der Supply Chain Manager zu werten, die mit ihrer täglichen Arbeit an Stabilität und Realitätstreue der Supply Chain den wenigsten Nutzen im Prozess der unternehmensweiten Planung sehen.

Schnell erstellte Budgets, ein Prozess von maximal vier Wochen, existieren in kleinen Unternehmen unter 50 Millionen USD Umsatz. Ein knackig durchgeführter Budget-Prozess bedeutet en Gross knackig durchgeführte unterjährige Updates. Die Komplexität der Organisation scheint sich in der Dauer und in der Nutzung durch die Führungsebene widerzuspiegeln. Dem Mehr an Umsatz und Größe folgt eine längere Erhebung und mehr wahrgenommener Nutzen für das Management.

Die seit Jahrzehnten bekannte Verzerrung weicher Pläne durch eine Kopplung individueller Boni an die Zielerreichung des Budgets, scheint auf dem Rückzug. Individuelle Kompensation und langfristige Unternehmensziele werden zunehmend getrennt betrachtet. In diesen Rahmen fällt die Unterscheidung zwischen Forecast als wahrscheinliche Zukunft und Budget als Zielvorstellung.

Vier von fünf Befragten denken, dass die kontinuierliche Verankerung des Forecasts an Stelle eines jährlichen und aktualisierten Budgets die Leistung des Unternehmens beeinflussen würde.

Summa Summarum scheinen sich Budgets langsam und stetig zu entwickeln. Das sind doch gute Nachrichten zu Weihnachten. Es fehlt die Anekdote: Das Supply Chain Management hat enorme Fortschritte in der zeitnahen Reaktionsfähigkeit durch technologisch beschleunigte statistische Analysen erzielt. Deshalb findet die kommunikative Koordination des weichen Betriebsmittels Mensch dort wenig Freunde. Die Versuchung einer Übernahme dieser Methoden in die Unternehmensplanung liegt nahe; und wir haben sinnvolle Einsätze gesehen, wie umgesetzt. Ein Münchener Mädel, Professorin an der Berliner Universität der Künste und brandneu vom ArtReview zur einflussreichsten zeitgenössischen Künstlerin ernannt – Hito Steyerl –entgegnet:

“Statistics have moved from constructing models and trying to test them using empirical data to just using the data and letting the patterns emerge somehow from the data. This is a methodology based on correlation. They keep repeating that correlation replaces causation. But correlation is entirely based on identifying surface patterns, right? The questions–why are they arising? why do they look the way they look? – are secondary now. If something just looks like something else, then it is with a certain probability identified as this “something else,” regardless of whether it is really the “something else” or not.”

No-Brainer sind operationalisierbar, die Koordination der Zukunft ist es nicht.

Das gesamte Interview mit Katie Crawford ist hier zu finden.