Bessere Planer, Hexenwerk?

Das dritte Quartal, Endspurt für das laufende und Hoch-Zeit für das kommende Budget. Woher stammt eigentlich die Aussage, dass monatlich zwei Stunden Planung Best Practice sind? Es klingt ironisch, dass der Ausweg ein rollierender, also öfter zu wiederholender Forecast sein soll. Steve Morlidge hat dazu gute Bücher geschrieben und auf dem Adaptive Insights Event in London erneut gute Tipps gegeben. Wer nicht gleich „beyond“, also die Budgetierung hinter sich lassen möchte, dem seien seine Bücher empfohlen und folgende Stories mit auf den Weg gegeben.
Selbstzweck – worum dreht sich Planung eigentlich? Ist es ein jährliches internes Spiel oder doch mehr serious gaming? Die Vergleiche in den Berichten – oft benannt als Ist, Budget, Abweichung – sind ein guter Indikator. Statt Vergleiche mit sich selbst und fehlendem Blick über den Tellerrand, sollte eine Spalte „Wettbewerb“ heißen. Eine gut gemischte Hand diverser Kennzahlen schafft weiter Abhilfe.
Der Zeitbezug ist eine kritische Größe zwischen Fortschreibung aus der Realität und der strategischen Aspiration.
  1. Fortschreibung? Der vorliegende Vertrag, bzw. das Auftragsbuch definiert einen Teil zukünftiger Umsätze. Das ist etwas anderes als das Umsatz-Grundrauschen. Gefährlich wird Regression, wenn Verträge auslaufen oder die Großwetterlage sich ändert. Ante Mortem ist eine gute Methode, das zu trennen. Ante Mortem ist die Frage: „Was muss passieren, damit es ordentlich bergab geht?“.
  2. Der zeitliche Rahmen der Planung soll aus dem Geschäftsmodell folgen. Dann führt der Zeitraum zu Messbarkeit und Qualität; Forecast-Qualität und Qualität des Forecasters. Ein aktueller Harvard Business Review Artikel zeigt, dass selbst vage formulierte KPIs enorm an Qualität zunehmen, sobald der Sachverhalt schon etwas objektiv messbar ist.
Die Detail-Ebene geht über die Frage nach Planung ein, drei oder zehn Personalkonten hinaus. Die Autonomie der Einheiten sollte die Granularität definieren.
  1. Mehr Daten bringen nicht mehr Transparenz. Die KPI-Vorlage mit 200 KPIs wird zu einigen Schmunzlern über den Ersteller führen.
  2. Als Einwurf aus eigener Erfahrung: Simplifizierungen sind gut gemeinte Ansätze, allerdings stets mit hohem Aufwand für die; die auf den alten Prozess eingeschworen sind. Die Einbindung dieser bindet anfangs Zeit, erspart später dafür sicher Zeit und Nerven.
Relevante Treiber sind ein umfangreiches, stetem Wandel unterworfenes Phänomen. Die Identifikation und Planung der relevanten Treiber bringt die Planung auf ein neues Qualitäts-Niveau. Und selbst dann; qualitative Informationen, wie rein textlich erfassbare Sachverhalte, kommen weiter zu kurz. Ein Risiko-Register kann Abhilfe schaffen, ist aber negativ Konnotiertes. Nennen wir es also Risiko-Chancen-Register. Als Treiber der Treiber bringt es Tiefe und der Name verspricht echtes Unternehmertum. Übrigens: eine Google-Suche zu „Chancenregister“ bringt 0 Treffer in diesem Sinne und viele zu „last chance to register“. Ein Satz zu Dimensionen, die helfen eine Zahl detaillierter zu quantifizieren. Es ist Vorsicht angebracht, denn der quantifizierten Wahrheit im Ist steht die unsichere Zukunft entgegen.
Die Datenqualität ist besonders für die Ist- und externen Zahlen zu beachten. Das gilt auch für die Treiber wie Arbeitsvertrag, Anlagegüter, Darlehen oder Wartungsverträge. Eine gute Verwendbarkeit (= Qualität über die Planung hinaus) bedeutet die Führung und Nutzung der relevanten Eigenschaften in der Planung. Dann zeigen sich Vorteile wie
  1. weniger Anpassungsbedarf durch
  2. eine im operativen System fundierte Grundlage der Planung und
  3. bes. eine Diskussion über Veränderungen wie neue Stellen statt Diskussion, ob denn die Grundlage stimmt.
Zu guter Letzt sollte sich Zeit für „serious gaming“ genommen werden. Das ist kein Hexenwerk. Die Sensitivität des Treibers im Modell zeigt sich durch Eingabe kleinster und größter Werte. Szenarien kombinieren die Veränderung mehrerer Treiber zu einem Szenario und ermöglichen die Analyse der Ergebnisse. Der Punkt könnte am Anfang stehen, doch leitet er gut auf den oft fehlenden kritischen Erfolgsfaktor „People, Lessons Learned & Feedback“ hin. Messbare gemessene Planung führt zu besseren Planern . Dann klappt Zukunft ohne Hexen und Auguren und es läuft anders als bei Nokia, Arcandor, Schlecker, Praktiker, Woolworth, Air Berlin. Vielleicht sind Management-Fehler im Planungsansatz die Wurzel des Niedergangs? So denkt zumindest das Finance Magazin und führt die sechs häufigsten auf:
  1. Vergangenheitsgläubigkeit (die VHS wird nie untergehen, die CD danach auch nicht),
  2. Überschätzung,
  3. Planungsfehlschüsse und fehlende zeitige Anpassung,
  4. falsche Referenzen, genannt Anker,
  5. das Konsistenzbedürfnis und
  6. Kosten-Irrationalität, besser bekannt als sunk cost